Als ich dieses Jahr über den Platz in Hindenberg ging, lief mir förmlich mein alter Freund Axel Lehmann aus Zwickau über den Weg. Nach einem kurzen Gespräch fragte ich ihn kurzerhand, ob er noch Lust hätte, ein paar Fotos mit seinem 1927 Ford Model T Roadster Pick-up zu machen. So oft treffen wir uns ja leider nicht und daher wäre es eine gute Gelegenheit, den Wagen bei passender Kulisse auf Bilder zu bannen. Vor der Haupttribüne fand gerade die Siegerehrung statt und die Rennstrecke selbst wurde eben glattgezogen und ordentlich gewässert, da kam Axel gleich noch ein Spitzen-Idee: Warum fotografieren wir das gute alte Model T nicht gleich direkt auf der Strecke? Axel kannte den Verantwortlichen für die Strecke vom MSC „Jugend“ Lübbenau recht gut und eilte kurzum zum Turm der Rennleitung, um nachzufragen, ob wir denn für eine halbe Stunde auf die Strecke dürfen.
Wie ihr an den Bildern nur unschwer erkennen könnt, durften wir auf die Strecke. Gut, dass ich mir fünf Minuten vorher noch ein frisches weißes T-Shirt angezogen hatte, denn das konnte ich nun schön verzieren − die Strecke war wie gesagt frisch gewässert worden und ohne Kotflügel spritzt das Ganze selbst bei langsamer Fahrt doch ordentlich. Doch was soll es, wir hatten viel zu lachen und amüsierten uns königlich auf der kurzen Fahrt in Richtung Gegengerade, wo die meisten Fotos schließlich entstanden.
Vom Oldsmobile Rocket über einen Dirt Track Racer zum Ford Model T Hot Rod
Axels Werdegang in der Szene gleicht doch sehr einigen der alten Recken der deutschen Szene und so lernte auch ich ihn früh in den 2000er-Jahren in Finsterwalde kennen. Damals hatte er noch einen 1952 Oldsmobile Rocket, den er 2002 erstanden und technisch auf Vordermann gebracht hatte. Damit fuhr er einige Jahre lang auf zahlreiche Treffen im In- und Ausland wie zum Beispiel dem Wild Wild Grilling, zu den A-Bombers nach Schweden und zur Hot Rod Hayride nach England.
Als er dort 2006 einen alten Dirt Track Racer gesehen hatte, war es um ihn geschehen. Ab da wusste er, dass er auch so einen Wagen brauchte. Daraufhin baute er sich die legendäre Nummer „4“ auf, mit der er jahrelang zahllose Rennen fuhr. Vom A-Bombers Hillclimb über den Rust’n’Dust Jalopy und das Hindenberg Speedway ließ er kein Rennen sausen. Doch dies nahm ein jähes Ende, nachdem er vor einigen Jahren einen schweren Unfall bei einem eben solchen Rennen hatte.
Kein Rennen mehr!
In der Zeit danach beschloss Axel, das Dirt-Track-Fahren aufzugeben und sich wieder ein straßentaugliches Gefährt aufzubauen. Er hatte dazu auch schon genaue Vorstellungen: Es sollte ein 1927 Ford Model T werden, also das letzte Baujahr der automobilen Ikone „Tin Lizzy“, und es sollte eine offene Karosserie sein. Den passenden Body fand er in Form eines Roadster Pick-ups in den USA, der sich in einem sehr guten Zustand befand. Den Model-A-Rahmen und die passenden Achsen hatte Axel bereits in seinem Sammelsurium, er musste es nur noch überholen.
Der Aufbau des Ford Model T Roadster Pick-up

Photoshooting auf einer Dirt-Track Strecke? Nach dem Rennen auf dem Hindenberg Speedway fotografierten wir das 1927er Ford Model T von Axel Lehmann auf der Rennstrecke.
Zusammen mit seinen Freunden Thomas und Patrick passte er die Karosserie an und baute eine Sitzbank aus Aluminium im Bomber-Seat Stil. Die Beleuchtung übernehmen deutsche Fabrikate aus dem Hause Opel, die Scheinwerfer stammen von einem Opel Super 6. Ebenso aus der Heimat stammt der Auto-Union-DKW-Tank, der auf der Ladefläche untergebracht ist. Den flotten 4-Banger-Motor aus einem 1932 Ford Model B transplantierte er direkt aus seinem ehemaligen Rennwagen in das Model T. Der Vierzylinder erhielt etliche kostbare Teile verpasst, um ihm das eine oder andere zusätzliche PS einzuhauchen. So fanden zum Beispiel eine Burns-Ansaugspinne mit einem Stromberg-Vergaser und eine Nockenwelle von Winfield Einzug in den alten Flathead. Fertig war der neue Hot Rod. Das gesteckte Ziel, einen 100-prozentig traditionellen Hot Rod aufzubauen, hat er damit ohne jeglichen Zweifel erreicht. Seit der Fertigstellung ist Axel viel mit dem 1927er Ford Model T unterwegs und genießt es in vollen Zügen.
Axel und der Aces Car Club
Axel selbst stammt aus Zwickau und ist seit 2010 Mitglied beim Aces Car Club. Der Aces Car Club wurden 1952 im Süden Kaliforniens gegründet und haben auch ein Chapter in Europa, das alle zwei Jahren den Aces Poker Run in der Schweiz veranstaltet.
1927 – Das Ende einer Ära
Das Jahr 1927 war prägend für Ford, schließlich markierte es einerseits das Ende einer Ära und andererseits den Beginn einer neuen Zeitrechnung. Das klingt drastisch und war es durchaus auch, denn das Ford Model T war industrieller Vorreiter der Fließbandproduktion und als solches unangefochten das Auto jener Zeit. Nach der Umstellung auf die neue Produktionsweise konnten die Preise für einen Neuwagen drastisch gesenkt werden. Damit war Ford unangefochten die Nummer 1 der Automobilindustrie und erreichte zeitweise einen Marktanteil an Neuwagenverkäufen von über 50 Prozent. Zum Vergleich kostete 1910 ein Model T Tourer für fünf Personen 900 US-Dollar, 1915 nur noch 490. Hergestellt wurden davon 1910 16890 Stück und 1915 244181 Stück. Durchaus auch eine logistische Meisterleistung von Ford, in jenen Jahren ein derartiges Wachstum zu bewerkstelligen.
Produktionsumstellung zum Model A
Fast zwei Jahrzehnte lang definierte sich Ford über das Modell, das für die Massen erschwinglich war, und verbesserte es in diesen Jahren nur sehr langsam und zögerlich. Kostengünstig war nahezu das einzige Schlagwort, das für Henry Ford zählte. Doch im Verlauf der 20er-Jahre wurde langsam immer deutlicher, dass ein Modellwechsel unabdingbar war, um konkurrenzfähig zu bleiben. 1927 war es dann so weit: Nach über 15 Millionen produzierten Einheiten endete im Mai die Produktion und bei Ford wurde für 250 Millionen Dollar auf die Produktion des Ford Model A umgestellt, das von 1928 bis 1931 gebaut wurde.
Fotos & Text: Michael Schmidbauer
Technische Daten: 1927 Ford Model T Roadster Pick-up „Elementary Simple“
Baujahr | 1927 |
Marke | Ford |
Modell | T |
Ausführung | Roadster Pick-up |
Rahmen | Ford Model A |
Motor | 1932 Ford Model B 4-Zylinder Flathead |
Vergaser | Stromberg |
Ansaugspinne | Burns |
Nockenwelle | Winfield |
Zündung | Scintilla Magneto |
Schwungscheibe | leicht, abgedreht |
Getriebe | Ford Model A-Schaltgetriebe |
Tank | Auto Union DKW |
Felgen | 1932 Ford 18″ Speichenfelgen |
Reifen | Firestone 5.25/5.50, Coker Tire |
Scheinwerfer | Opel Super 6 |
Lenkrad | 1940 Ford |
Sitzbank | Selbstgebaut aus Aluminium |
Galerie: 1927 Ford Model T Roadster Pick-up „Elementary Simple“


















